Über die Gleichheit (I/III)
An der Losung „Liberté, Égalité, Fraternité“ kommt man in Frankreich bekanntlich nicht vorbei. So fest sie auch heute gesellschaftlich verankert ist, so schnell findet man auch heraus, dass unter den drei Begriffen nicht immer das gleiche verstanden wurde und noch immer nicht verstanden wird. In diesen Tagen wird in den Medien viel über die Égalité von Mann und Frau diskutiert. Manchmal wird auch so nebenbei noch der Begriff parité eingeschoben. Ich habe hier die Erfahrung gemacht, dass in meinen Gesprächen mit der beiläufigen Bemerkung, dass es doch wunderbar sei, dass es zwischen Mann und Frau noch Unterschiede gebe, die Diskussion sehr schnell eine andere Wendung nimmt. Ich deute das als ein Zeichen dafür, dass es alles andere als klar ist, wie die Forderung nach Gleichheit umgesetzt werden soll.
Dabei wäre es doch eine einfache Geschichte, mehr Klarheit zu schaffen: 1. mit ein wenig mehr Differenzierung, 2. mit einer klaren Vorstellung von „gleich“ und 3. mit dem Verzicht auf Begriffsmanipulationen.
Es ist klar, dass eine kompromisslose Sprache im Kampf der „Ismen“ als ein Mittel der Rhetorik dienen kann. Wenn aber die Fähigkeit zur Differenzierung nach Titel und Slogan auch im Fliesstext fehlt, dann wird es mühsam. So ist die Gleichstellung von Mann und Frau eine wünschenswerte Forderung. Dann aber einer langen Auflistung aller Benachteiligungen der Frau in unserer Gesellschaft gleichzeitig eine wenn auch nur beiläufige Erwähnung der Privilegien der Frau anzufügen, wäre nicht nur billig, sondern würde auch der Sache der Gleichstellung dienen. Denn für die Gleichstellung der Geschlechter braucht es auch die Bereitschaft der Männer dazu. Ausser man fühlt sich im totalen Krieg. Der Feminismus steht hier auf dem Prüfstand.