
Ob es daran liegt, dass unser Überleben für lange Zeit von einer guten Kartoffelernte abhing, dass ich immer mit Spannung meine Kartoffeln ernte und mich dabei frage, wie hoch der Ertrag diesmal wohl sei? Dieses Jahr sind es immerhin 55 Kilogramm. Brutto, denn etwa 18 Kilogramm wären für den Handel zu klein oder beschädigt. Ein grosser Anteil davon wurde durch meine unsorgfältige Bewässerung dem Sonnenlicht ausgesetzt und ist nicht mehr geniessbar. Ich werde allerdings die Hälfte mit Rüstarbeit noch retten können und die ganz kleinen sind gebraten ja auch ganz lecker. Somit verringere ich den *food waste* ab Acker von 33% auf etwa 15%. Durch Rüstabfälle und den Verlust durch die lange Lagerung wird allerdings der Prozentsatz dann wieder markant steigen. Es ist zum Verzweifeln.
Immerhin kann ich mit meinem Nettoertrag pro Quadratmeter punkten. 37 Kilogramm auf 8 Quadratmeter ergibt rechnerisch 46 t/ha. Der Durchschnitt auf den Äckern Europas komme kaum über 40 Tonnen, sagt man mir im Internet. Und erst noch nicht in Bioqualität. Aber der Aufwand muss beim Ertrag ja mit berücksichtigt werden. Eine konsequente Bewässerung bei Trockenheit ist nicht so ohne, denn Wasser muss in der Landwirtschaft für Bereiche mit höherer Wertschöpfung reserviert werden. Die gefrässigen Kartoffelkäfer suche ich in der Flugzeit jeweils am Mittag auf den Blättern zusammen, wenn sie sich zur Kopulation bereit halten. Das hält den Frassschaden ohne Spritzmitteleinsatz klein. Diesen Zeitaufwand vermag ich aber nicht auf eine Hektare hochzurechnen. Kurz: man muss einiges Büschelen, um seine Nahrung sogenannt nachhaltig auf den Teller zu bringen.
Kürzlich habe ich eine Videoproduktion der NZZ angeschaut mit der Frage im Titel, wie lange wir noch Tiere essen. Eine Trendforscherin des Gottlieb-Duttweiler-Instituts prophezeit darin, dass wir uns schon 2050 aus Gründen des Klimaschutzes, der Biodiversität und der Ethik komplett fleischlos ernähren werden. Wir (mich wohl aus Altersgründen ausgenommen) werden ja sehen. Nur muss dann auch akzeptiert werden, dass der Ausschuss auf dem Acker nicht mehr als Tierfutter verwertet werden kann. Das heisst dann wohl *augmented food waste* oder so. Und das Grasland wächst zu geschlossenem Wald zusammen. Ade Biodiversität. Wald, der aus Bäumen besteht, die wir wiederum für den Schutz des Klimas nicht mehr fällen und verbrennen dürfen.
Die Trendforscherin meint im Video, wir würden für unsere Gesundheit sowieso zu viel Fleisch essen. Deshalb am besten gar keines mehr. Und da wir sowieso und überhaupt auch zu viel essen, wäre gar nichts mehr zu essen die logische Folge. Das wäre wahrscheinlich die Antwort von ChatGPT.
Ich weiss nicht mehr, was ich machen soll. Es ist alles so kompliziert geworden. Oder ist doch alles nur eine Frage des gesunden Menschenverstandes, den auch die AI niemals beherrschen wird?
Morgen gehe ich wieder in den Wald, um zu arbeiten.