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Man hat nie ausgelernt

Mit sechs Nähten musste mir ein *Interne en Médecine Générale* in der Notfallaufnahme die klaffende Wunde am linken Unterarm wieder schliessen, die ich mir bei der Arbeit im Wald zugezogen habe. Dabei feixte er ausgiebig über seine Nähkünste, die er bei meinem Vorgänger, gleich neben mir liegend, schon anwenden konnte. Ich brauchte im Gegensatz zu diesem keinen Sauerstoff, um den Anblick der Wunde zu ertragen. Aber auch ich habe gestaunt, wie viel Fettgewebe neben venösem Blut aus meiner Schnittwunde quoll. Gleichzeitig zur konzentriert ausgeführten Arbeit konnte er mit seiner Erfahrung meine These bestätigen, dass bei manuellen Arbeiten weniger Unfälle passieren, wenn sie allein, und nicht im Team ausgeführt werden. Gleich kürzlich hätte ein Handwerker einen heftigen Schlag auf seinen Kopf erlitten. Nicht absichtlich von einem Kollegen mit einem Hammer ausgeführt. Natürlich habe ich Glück gehabt, dass der Schnitt nicht tiefer reichte und meine Sehnen ganz blieben. Und wie immer konnte ich mich auf meine Nachbarn verlassen, die mir bei der Suche nach ärztlicher Hilfe beistanden. Und was habe ich dabei gelernt? Die Arbeit mit dem Gertel, einem grossen Messer mit vorne ausgebildetem Haken, ist eigentlich nicht problematisch. Man kann damit kleine Astschnitte ausführen und vor allem mit dem Haken bequem liegende Trämel anstechen und anheben. Ich habe ihn jetzt aber verwendet, um einen schweren zwei Meter langen liegenden Rundling zu ziehen. Das allein wäre nicht problematisch, aber dummerweise wollte ich ihn mit der anderen Hand anheben, damit er sich im Untergrund nicht eingräbt. Der zu wenig eingestochene Gertel hat sich vom Stamm gelöst und ist an meinen linken Unterarm geschnellt. Erste Lektion: der Gertel soll immer fern vom Körper geführt werden und sicher nicht in der Nähe des anderen Armes. Zweitens: Französisch nennt man einen Gertel *une serpette*.