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Diktatur, easy made

Wenn klein Nathan in der Untergrundbahn nicht sofort auch eine Maske verpasst bekommt, fordert er sie mit Nachdruck ein. Das urmenschliche Bedürfnis, dazu zu gehören, nicht ein Sonderfall zu sein, macht es für grosse und kleine Diktatoren leicht, einmal durchgesetzte Massnahmen aufrechtzuerhalten. Allerdings sollten diese einen Sinn ergeben, gut begründet und konsistent sein und immer wieder in Erinnerung gerufen werden. Sind sie nicht mehr angebracht, dient es der Sache, sie sofort anzupassen oder ganz fallen zu lassen. Das wird hier geradezu beispielhaft vorexerziert. Im ÖV gilt noch die Maskenpflicht und nachlässige Passagiere werden sofort und bestimmt angesprochen. Bei der Einreise wurde unser Impfstatus demonstrativ nicht mehr kontrolliert, da dies beim Check-In schon in der Schweiz passierte. Im Strassenverkehr gelten Regeln, aber wenn sie offensichtlich obsolet sind, werden sie einfach ignoriert. Das heisst, Regeln, Gesetzte, sind kein Selbstzweck, sondern dienen der Gesellschaft zu einem friedlichen Miteinander. Dass für eine grosse Anzahl arbeitender Menschen als „Fremdarbeiter“ eigene Regeln erstellt und so eine formelle Zweiklassengesellschaft geschaffen wurde, kann nicht übersehen werden. Hinten auf der Pritsche der kleinen Baustellentrucks klebt links ein Schild mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit des Trucks, rechts eine Zahl, zum Beispiel „12 Pax“: es dürfen zusätzlich zum Baumaterial maximal 12 Personen — *workers* — geladen werden… Ganz abgesehen davon, dass auch in freieren Gesellschaften für Arbeitnehmer Gesetze nicht nur zu deren Schutz bestehen, sondern je nach Status sie auch zu Objekten der „Ausbeutung“ machen: es gibt auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit noch viel zu tun. Nicht allen wird wie klein Nathan zugestanden, dazuzugehören. Noch sind wir nicht alle gleich.