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Urs im Wald

Für einmal pünktlich fertig

Rechtzeitig mit den ersten Frostnächten ist der Sitzplatz mit der 20-stufigen Treppe fertig geworden. Letzte Woche hat das noch ganz anders ausgesehen. Aber irgendwie werden mir diese Steine vertraut. Die hier verwendeten Kalkplatten bildeten den Bodenbelag der Küche des zweiten Hauses und auch für das Fundament verwende ich das Material, das vor Ort herumliegt. Wie das Ganze mit frischem Beton zusammengeklebt sich nun über die Jahre verhält, wird sich zeigen. Seit ich hier bastle, sage ich immer, dass ich mindestens für die nächsten dreissig Jahren davon profitieren möchte…

Erntehelfer

Dieses Jahr hat meine 100-jährige Rebe an der Hauswand so viele Trauben getragen wie noch nie. Sicher mehr als 5 Kilo haben es mit ein wenig Unterstützung durch zusätzliche Wässerung während der trockenen Wochen des Sommers bis zur Reifung gebracht. Ein Schwarm Hornissen ist nun seit Tagen von früh bis spät daran, die bereits reifen, süssen Beeren anzuknabbern. Mir bleiben dann die noch leicht säuerlichen übrig. Trotzdem: ich bin für jede Unterstützung dankbar.

Ein letzter Versuch

Mit der ersten Safranblüte, die sich heute gezeigt hat, startet der letzte Versuch, Safran in meinem von Wühlmäusen verseuchten Garten zu kultivieren. Sie stammt nicht von den vielleicht 400 Knollen, die ich in den letzten drei Jahren gesetzt habe. Jedes Jahr habe ich geglaubt, mit einer intensiven Jagd nach diesen eigentlich putzigen Pelzträgern den Safran retten zu können. Aber ihrer unterirdischen, heimlichen Lebensweise und ihrer Fruchtbarkeit konnte ich letztendlich nichts entgegensetzen. Von den gepflanzten Knollen sind in diesem Sommer nur noch wenige übrig geblieben. Aufgeben, oder es mit einer letzten Idee nochmals zu versuchen, ist die Devise.

Mit verschieden angeordneten Gittern habe ich nun eine Testanordnung aufgegleist, die den Mäusen den Zugriff auf die Delikatessen erschweren oder ganz verhindern soll. Mit der Totalvariante soll ein Gitter um jede einzelne Knolle einen maximalen Schutz sichern.

Derweil geht die Jagd mit drei gestellten Fallen weiter. Zwei bis drei Mäuse jede Woche kann ich so abernten. Aber das ist ja eigentlich nicht die Absicht der ganzen Übung. Nächstes Jahr werde ich Bilanz ziehen.

Schritt für Schritt

Bei grösseren Projekten fällt es mir schwer, eine Vorstellung für den Zeitplan zu entwickeln. Diese wilde südwestlich exponierte Seite meines Häuschens ist schon lange auf der Liste, um saniert zu werden. Der Auf- und Abstieg in den Keller ist vor allem im Winter ein kleines Abenteuer. Deshalb habe ich mir zum Ziel gesetzt, diesen Sommer mit Bauen anzufangen — und im besten Fall auch abzuschliessen. Gerodet ist schnell. Aber bis zum ersten Mäuerchen mit seinen zum Teil über 100 kg schweren Steinen dauert es schon länger, eben „einige Rücken“. Mit dem zweiten und dritten und der Treppe ist dann schon beinahe das Ende in Sicht. Aber von oben betrachtet sieht das halt anders aus. Ein etwa 20 m2 grosser Vorplatz muss noch ein Fundament erhalten und mit den auf der Baustelle herumliegenden Gesteinsplatten belegt werden. Jetzt, mit dem Ende des Sommers, kann ich hoffen, dass ich das doch noch Programm gemäss schaffe. Dann wartet eine grosse neue Etappe auf mich. Die ersten Vorarbeiten sind schon erledigt…

(Nur nebenbei: wer auf den Bildern den rechten Winkel vermisst, soll mir erklären, weshalb der rechte Winkel immer auch der richtige sein soll. Mein Nachbar Jean hat mir auch erklärt, weshalb die Mauern der Häuser nicht im Lot gebaut worden sind. Man hätte mangels Werkzeug beim Bauen zur Kontrolle von oben einfach der Mauer entlang nach unten gespuckt und vergessen, den Seitenwind zu berücksichtigen. Bei mir ist die Erklärung einfacher: ich kann es nicht besser.)

Meine neue Einheit

Gewöhnlich misst man den Aufwand für eine Arbeit in Einheiten der Zeit: Stunden, Tage oder Wochen. Bei der Arbeit an der neuen Stützmauer zähle ich aber anders.

Um diesen letzten Stein der Mauer neu zu platzieren, musste ich ihn ausbuddeln. Auf seiner Rückseite wurde eine Gravur sichtbar, die ihn als Sturz für einen Hauseingang ausweist: ein ganz spezielles Stück. Er wiegt über 400 Kilogramm. Die Entscheidung, ihn zu drehen, damit die Gravur nicht kopfsteht, fiel mir nicht leicht. Aber ich wollte, dass sie lesbar bleibt. Also musste er ganz aus seinem angestammten Platz herausgeholt, auf seine Füsse gestellt und noch um seine Achse gedreht werden.

Hier liegt er nun bereit, um wieder zurückgeschoben zu werden.

Dieses Manöver hat mich eine ganze meiner neuen Arbeitseinheiten gekostet. Ich nenne sie: ein Rücken. Immer wenn sich meiner mit Schmerzen meldet, höre ich auf und gehe unter die Dusche.

Die ganze Mauer wird mich mehr als ein Dutzend Rücken kosten. Besser aber zwölf gesunde Rücken als nur einen, aber kaputten.

Wem die Signatur „1790 + F + R“ zugeordnet werden kann, wird wahrscheinlich nie bekannt. Die Geschichte des Dorfes ist nur rudimentär dokumentiert. Doch die beiden Kreuze – stark vereinfacht, aber klar erkennbar – sind Varianten des Okzitanerkreuzes. Sie verraten, dass wir uns zwar am nördlichsten Rand, aber dennoch im Pays d’Oc befinden.

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