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Urs im Wald

Steine, Steine und nochmals Steine

Während mehrerer Wochen, sogar Monate, habe ich diesen Sommer mich mit Steinen beschäftigt. Davon gibt es hier ja mehr als genug. In allen Grössenordnungen. Sie liegen im Garten im Boden und verhindern, dass die Rüebli gerade wachsen. Sie liegen seit Jahrhunderten zu Wänden aufgestapelt in der Landschaft und bilden so Behausungen. Oder so werden, wenn gross genug, senkrecht auf den Boden gestellt und dienen als Objekte, zum Beispiel der Orientierung. Und manchmal lösen sie sich durch die Witterung von einem festen Felsen und werden so erst als Steine geboren. Einige Wochen lang hat mich diese alte, langsam zerfallende Steintreppe oberhalb des Ateliers beschäftigt. Sie stellte eine Gefahr für jeden dar, der sie benützen wollte. Sie musste neu gesichert werden. Gleichzeitig soll eine an der Aussenwand entlang ausgelegte Folie verhindern, dass bei Regen das Wasser in die Mauer einsickert und ins Atelier eindringt. Steine, ausgesiebt aus der Gartenerde, dienen als Bedeckung und werden so von mir als recycelten Wertstoff geschätzt. Fertig. Uff. Ich hoffe, dass diese Lösung mir mindestens für 25 Jahre Ruhe vor eindringendem Wasser bietet. Auch an der diesen Frühling begonnenen Stützmauer habe ich weitergebastelt. Wie überall versuche ich auch hier, mit dem Material, das ich lokal vorfinde, zu bauen. Das ist dann halt auch mal ein Kalkstein, der 200 Kilo wiegt. Möglichst den Rücken schonende Arbeitstechnik ist hier gefragt. Hier liegt er nun in seinem Bett aus Beton. Diese Art von Stützmauerbau habe ich vom *maçon* übernommen. Nur finde ich es schöner, wenn das Moos und andere Pflanzen die Steine möglichst rasch wieder kolonisieren. Sie verkürzen zwar, sagt man, die Lebensdauer der Konstruktion. Aber diese Mauer dürfte mir mehr als 25 Jahre lang dienen. Vielleicht sind es auch 250. Reserve genug also… Kalksteine findet man oft an den Bauten. Aber im Wald besteht der Untergrund meist aus einem rötlichen Felsen, der leicht splittert und deshalb wenig im Bau verwendet worden ist. Diese Eigenschaft des Felsens war mein Glück, denn etwa zwei Kubikmeter Felsen haben sich nach einem Gewitter gelöst und sind auf die Piste gedonnert. Etwa tausend Schläge mit dem Spalthammer später ist alles zerkleinert und weggeräumt. Zwischendurch sehne ich mich nach einem Ausgleich mit weniger grobschlächtiger Arbeit.

Mal zu wenig, mal zu viel

Nach mehreren Wochen Trockenheit waren die Wetterprognosen gestern eindeutig und auch die Versicherungsgesellschaft hatte den in der Region Versicherten mit einer Unwetterwarnung per E-Mail angeraten, die Fenster geschlossen zu halten, Autos möglichst in der Garage abzustellen oder mindestens nicht nahe bei Bäumen zu parkieren. Und tatsächlich sind heute Vormittag eine ganze Serie von Gewitterfronten eine nach der anderen rasch über die Gegend hinweg gezogen. Das noch nicht in Dachrinnen gefasste Regenwasser des Daches hat eine Bruchsteinmauer unterspült. Nur um wenige Zentimeter haben die stürzenden Steine die Karosserie meines beim Haus abgestellten Autos verfehlt. Nochmals Glück gehabt. Und schon mache ich mir Gedanken, welche Mauern sonst noch von Einsturz gefährdet sind. Ich muss meine Projektliste also schon wieder anpassen und vielleicht doch noch den Dachdecker anrufen, damit die Wassermassen vom Dach künftig in das Reservoir abfliessen können und dann wäre es nicht nur mit zehn, sondern mit 13 Kubikmetern aufgefüllt worden. Genug, um wieder drei Monate ohne Regen auszukommen.

Projekte schürfen

Bei dieser Aussentreppe, wahrscheinlich schon vor 250 Jahren aus grossen Steinquadern gesetzt, ist vor 70 Jahren schon jemand abgestürzt und dabei verstorben. Ich wollte mit einem Handlauf das Besteigen der Treppe sicherer machen und verhindern, dass noch jemand zu Schaden kommt. Eigentlich wollte ich nach vollbrachter Arbeit bloss die Treppe von losem Dreck befreien. An der obersten Treppenstufe legte ich dabei aber eine riesige Steinplatte frei, die an der leichten Neigung des Geländes den obersten Abschluss bildet. Bei Regen fliesst das Wasser entlang der Mauer des Ateliers gesammelt über diese Platte. Leider hat sich die Platte im Verlauf der Jahrhunderte ein paar Zentimeter gegen die Bruchsteinmauer hin abgesenkt, womit das Wasser sich an der Mauer staut. Kein Wunder, dass bei regnerischem Wetter im Innern des Ateliers die Mauer feucht wird. Damit habe ich ein neues Projekt „gefunden“: Steinplatte neu ausrichten. Da sie etwa 250 Kilo auf die Waage bringt, muss ich mir etwas einfallen lassen. Da zur Zeit wieder sehr trockene Tage vorausgesagt sind, bleibt mir aber etwas Zeit dafür. Trotzdem gebe ich diesem Projekt die Nummer 3. Damit verschieben sich die restlichen 123 um eine Position. Wen kümmert es?

Ein Baum — eine Frucht

Vor fünf Jahren gesetzt hat dieser Aprikosenbaum noch jeden Frühling nach einer reichen Blüte alle seine Früchte wieder verloren. Fröste, die in dieser Höhenlage noch sehr spät auftreten können, sind jeweils der wichtigste Grund dafür. Das war auch diesen Frühling so. Aber seit Wochen beobachte ich ein einziges kleines Früchtchen, das an einem dürren Ästchen hängend bisher allen Widrigkeiten getrotzt hat und immer grösser geworden ist. Jetzt warte ich mit viel Geduld, bis die Aprikose die volle Reife erreicht hat. Viel Geduld brauche ich wahrscheinlich auch, bis die Klimaerwärmung mir mal ermöglicht, mehr als eine Aprikose zu ernten...

Muster mit Wert

Dieser Durchgang zwischen der Stützmauer der Strasse und der Ostfront des Häuschens war zu Beginn durch eine Aufschüttung versperrt. Davon freigeschaufelt konnte die vorher immer wieder durchnässte Hausmauer austrocknen. Jetzt habe ich aus dem hier aussortieren Geröll, 500 Liter Sand, 100 Liter Zement und 100 Liter Wasser eine Mauer aufgebaut, die mir nun als Muster für die weiteren Umgebungsarbeiten dient. Mit einer Länge von 5 Meter und einem Volumen von 2 m3 hat sie mich vier Tage lang beschäftigt. Jetzt bleiben mir rund ums Haus nur noch ungefähr 15 m3 Mauerwerk übrig, um alles fertig zu stellen. Diese Zahlen sind wertvoll, um planen zu können — und den Mut nicht zu verlieren.