ursimwald.ch

Urs im Wald

Grosse Zahlen

Schon mehrmals musste ich mich beim Aufbau der Bausubstanz fragen, wie viele Male ich bei repetitiven Arbeiten die gleiche Bewegung oder Arbeitsabfolge zu machen habe. So habe ich geschätzt bisher 4000 Schrauben in den Holzstrukturen versenkt. Für die Lehmwände werde ich 450 Eimer Material mischen müssen. Und damit das Lehmgemisch aufgebracht werden kann, bin ich jetzt daran, etwa 3000 Holzlamellen zuzuschneiden und in die Wände zu flechten. Zum Glück zwingen mich äussere Umstände immer wieder, diese Routine zu verlassen. Holz spalten für die Heizung ist gerade angesagt. Denn die Lehmwände müssen getrocknet werde, da etwa 1000 Liter Wasser wieder aus der Lehmmischung verdunsten müssen.

Gestern habe ich mit dem maçon die Planung für das zweite Haus besprochen…

Insektenleben statt Insektensterben

Die Meteo sagt fürs Wochenende und die folgenden Tage den lang ersehnten Regen voraus. So als benützten sie die letzte gute Gelegenheit, tanzen Myriaden von Insekten im Abendlicht ihren Last Tango. Aber wahrscheinlich feiern sie nur noch mal die Abreise der Schwalben und Fledermäuse. Mit ein paar heissen Tagen gibt der Sommer sein letztes Rendez-vous.

Heu mähen

Anstatt meine vier Wände dauernd mit Lehm zu verschmieren, habe ich mich spontan dazu entschlossen, als Abwechslung wieder mal draussen etwas zu unternehmen. Umso mehr, als die Wiesen schon seit drei Jahren nicht mehr beweidet worden sind. An manchen Orten nehmen die Brombeeren und der Ginster überhand. Und eine dicke Schicht altes Gras liegt am Boden. Also kommt der Fadenmäher zum Einsatz, der alles zerhackt. Im Prinzip eine mühsame Arbeit. Aber durch die anhaltende Trockenheit ist das Gras schon zu Heu verdorrt. Das erleichtert die Aufgabe. Und das Wetter bleibt offensichtlich noch längere Zeit bis in den Oktober hinein sonnig und trocken. So weiss der Bauer: Hilft der Oktober nicht mit Sonne, hat der Winzer keine Wonne. Meine Reben am Haus seien noch nie so schön behangen gewesen, meint mein Nachbar Jean. Er kennt sie immerhin schon seit 84 Jahren. Das Jahr 2018 bringt uns also nicht nur in der Champagne eine Jahrhunderternte. Prost auf den Klimawandel?

Zeitreise

Mit einer Zugreise in den Süden Frankreichs macht man nicht nur eine Reise von A nach B, sondern auch eine Reise vom 21. Jahrhundert zurück zu den Anfängen der Eisenbahn.

Mit dem TGV flitzt man ab Basel mit 250 durch die Ebenen. Nur unterbrochen von kurzen Aufenthalten in überdimensionierten, modernen aber menschenleeren Bahnhöfen Ostfrankreichs. Nach dem Umsteigen in den Regionalzug wird der Reisende aber ins gefühlte 19. Jahrhundert gebeamt. Zwar fährt die Lok nicht mehr mit Kohle und Dampf, sondern mit Diesel und Strom und der Wagen ist somit auch angenehm klimatisiert. Aber die Bahninfrastruktur setzt jedem Modernisierungstrend der Zugkomposition den Chic der Gründerzeit entgegen. Mit maximal 40 km/h bahnt sich der TER seine Spur durch die Wälder, vorbei an Bahnhöfen, die zwar genauso menschenleer wie auf der TGV-Strecke sind, aber manchmal nur so gross wie ein Kiosk. Und man bekommt das Gefühl, dass hier schon seit hundert Jahren niemand mehr aus- oder zugestiegen ist.

Begleitet wird man auf dieser Reise von freundlichem Zugpersonal, das an einer Haltestelle aber auch mal die forsche Anweisung geben kann, den Zug für den Richtungswechsel der Komposition kurz zu verlassen. Das sei Vorschrift. Vielleicht hat der Zugführer keine Lust, den Führerstand ausserhalb der Wagen zu wechseln. Vielleicht soll er aber auch nicht mit den Fahrgästen in Kontakt kommen, weil er immer noch die schwarzen verrussten Kleider vom Kohle schippen trägt.

Und hier noch für alle Klimawandelgläubigen die CO2-Infos für eine Fahrt mit dem Zug zu mir: 19 kg pro Reisenden (TGV 4 kg mit französischem Atomstrom, TER 15 kg aus Diesel). Zum Vergleich ein Mittelwert mit dem Auto: 200 kg. Flug Basel-Montpellier und mein Taxidienst: 160 kg Flug und 45 kg Auto.

Mit Lehm (l’argile) und Ton (la glaise) geht’s nun weiter im Innenausbau

Wikipedia:

Lehm ist eine Mischung aus Sand (Korngröße > 63 µm), Schluff (Korngröße > 2 µm) und Ton (Korngröße < 2 µm). Er entsteht entweder durch Verwitterung aus Fest- oder Lockergesteinen oder durch die unsortierte Ablagerung der genannten Bestandteile. Unterschieden werden je nach Entstehung Berglehm, Gehängelehm, Geschiebelehm (Gletscher), Lösslehm (Löss) und Auenlehm (aus Flussablagerungen). Lehm ist weit verbreitet und leicht verfügbar, er stellt einen der ältesten Baustoffe dar.

Ton ist ein natürlich vorkommendes Material, das hauptsächlich aus Tonmineralteilchen besteht, bei ausreichenden Wassergehalten generell plastisch verformbar ist und spröde wird, wenn es getrocknet oder gebrannt wird. Obwohl Ton in der Regel Schichtsilikate enthält, kann er andere Materialien enthalten, die ihm Plastizität verleihen und aushärten, wenn sie getrocknet oder gebrannt werden. Als assoziierte Phasen kann Ton Materialien enthalten, die ihm keine Plastizität verleihen, z. B. Quarz, Calcit, Dolomit, Feldspat sowie organische Stoffe.

Anders als frühere Definitionen legt diese Definition der AIPEA (Association Internationale Pour L’Etudes Des Argiles) und der CMS (Clay Minerals Society) keine exakte Korngröße der Tonbestandteile fest, da verschiedene Disziplinen hier eigene Festlegungen getroffen haben. Als Tonpartikel gelten in den Geowissenschaften, entsprechend der Norm EN ISO 14688, Partikel < 2 µm (teilweise auch < 4 µm und in der Kolloidchemie < 1 µm.

Diese Wiki-Einträge bilden das theoretische Wissen, das ich nach ersten Versuchen (und mit den Erfahrungen aus einem Kurs im Ballenberg bei Ralph Künzler) nun im grösseren Massstab für den Innenausbau anwende. Alle verbleibenden Wandoberflächen sollen mit einer Schicht aus Lehm versehen werden, bei den Aussenwände über einer Isolation aus Hanf.

Zuerst wird im Wald das Material aus der Wand gepickelt… …in Kessel geschaufelt und verladen. Die tonigen Bestandteile sind stark mit Sand, Kies und Steinen versetzt. Gesiebt erhalte ich nun ein feines Gemisch aus Sand mit tonigen Anteilen: Lehm… …und Kies. Es ist mehr Gefühl als Wissen, das mich dazu bringt, diesen Kies nun zu waschen… … und die im Wasser schwebenden Teile über Nacht in einem Kessel absetzen zu lassen. Vom Wasser getrennt erhalte ich eine äusserst feine und klebrige Masse: Ton. Damit kann ich den Lehm, der ja keine genormte Qualität aufweist, je nach Bedarf in seiner Klebrigkeit einstellen. Das verbleibende Kies wird im Wald für den Ausbau der Piste verwendet. Der Lehm wird mit Wasser und Stroh zu einer klebrigen Masse vermischt… … und als Kugeln geformt gegen die vorbereitete Holzstruktur der Wände geworfen… … glattgestrichen und mit einem Jutefliess armiert. Das muss nun zuerst mal austrocknen.