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Urs im Wald

Nur kein Stress

Es fällt mir nicht leicht, mich jeweils zwischen den verschiedenen Baustellen zu entscheiden, wo es jeweils weitergehen soll: Auf den Wiesen heuen? Im Wald schon geschlagenes Holz holen? Innenwände verputzen? Das Atelier einräumen? Weitere Fenster bauen? Oder doch weiter am Sitzplatz arbeiten? Natürlich spielt bei dem Entscheid das Wetter eine Rolle. Und die Lust. Aber eigentlich sollte ich immer an einer Arbeit bleiben, bis sie fertig ist, um Fortschritte sichtbar zu machen. So kann es schon passieren, dass ich mich in etwas tagelang vertiefe und dabei vergesse, dass sich eigentlich etwas anderes aufdrängt. Das ist nun mit dem Unterhalt des Gartens passiert. Nach einer ersten Bohnenernte habe ich zulange mit der zweiten zugewartet. Resultat: 6 Kilo müssen auf einmal gesäubert und gedörrt werden. Jetzt ist der Dörrex im 24-Stundenbetrieb. Aber zumindest läuft mir durch diese Verzögerung die Arbeit am Sitzplatz nicht davon. Ein Gewitter macht zwischenzeitlich den Boden sowieso unbearbeitbar. Also alles wieder umplanen. Und vor allem kein Stress. Es findet alles einmal sein Ende.

Der Kontrast könnte nicht grösser sein

Heute Vormittag sind auf der Baustelle meines Nachbarn Frédéric 15 Kubikmeter Beton zu einer Decke seines neuen Hauses vergossen worden. Zack. Und ich beginne zu sinnieren, wie viele Stunden ich in den letzten drei Jahren mit meinem etwa gleich grossen Dreckhaufen verbracht habe, damit daraus einmal ein Sitzplatz wird. Aber eben: die Rechnung kann zwar schon nur mit dem jeweiligen Zeiteinsatz gemacht werden. Aber was bringt mehr Befriedigung?

Das muss ich heute Abend noch mit mir ausmachen. Morgen geht’s (vielleicht) weiter.

Fertig! Das heisst fast …

Das ist sie nun: die Stützmauer, die den Hang des Sitzplatzes gegenüber der Strasse sichert. Auf drei Etagen jeweils 10, 8 und 6 Meter lang, gesamt 3 Meter hoch und mit einem Gesamtvolumen von 17 m3 hat sie mir einiges an Schweiss gekostet. Dass ich für diesen Bau einige Kubikmeter Sand und etwa 25 Säcke Zement verbraucht habe, hat mir hier von Trockenmauerfans zwar auch Kritik eingebracht. Aber die 15 Kubikmeter Steine habe ich alle aus der Schutthalde vor Ort ausgebuddelt und unverarbeitet mit dem Beton „zusammengeklebt“. Für einen Bau ohne Zement hätte ich ein Vielfaches an Rohmaterial gebraucht und dann nur mit gigantischem Aufwand für die Bearbeitung der Steine bezahlt.

Vielleicht etwa ein Drittel der vorgefundenen Steine sind mal bearbeitet worden — wahrscheinlich noch zu einer Zeit, als das Steinmetzen unter einer Art von Sklavenarbeit verrichtet wurde. Mit der französischen Revolution sind nicht nur die Adligen einen Kopf kürzer geworden, sondern auch deren Schlösser und Burgen geschleift worden. Mit behauenen Steinen dieser Bauten sind dann die alten Mauern der Häuser zusammen mit naturbelassen Steinen mit einem Mörtel auf Kalkbasis aufgebaut worden. Das macht sie für Witterungseinflüsse empfindlich, vor allem wenn die Dächer nicht absolut dicht sind. Somit wird meine Zementmauer, den Witterungseinflüssen ausgesetzt, mit den Mauern der Häuser ums weitere Überleben wetteifern. So ein paar hundert Jahre könnte das schon dauern…

Die Vollendung der Mauer habe ich mit einer Flasche Rosé mit meinem Nachbarn gefeiert. Aber fertig ist ja noch nichts: jetzt beginnt die Plackerei mit der Planierung des Sitzplatzes. Etwa 5 Kubikmeter Material am Boden müssen in die Bestandteile Erde, Kies und Bruchsteine umgewandelt werden. Erst dann kann ich mich auf einem neuen Sitzplatz in den Liegestuhl legen.. Wie immer setze ich mir dafür keinen Termin. So vermeide ich, enttäuscht zu werden

Erst mitten drin oder schon bald fertig?

Bei bisher jedem Projekt stellt sich bei mir jeweils die Frage, wie lange es noch dauert, bis ich endlich damit fertig bin. Wenn ich mir die verschiedenen Steinhaufen bei dieser Baustelle für eine Aussenterrasse ansehe, dann schwant mir schon, dass ich meine gesetzte Zeitlimite nicht erreiche. Aber immerhin weiss ich nun genau, wohin jeder Stein definitiv zu liegen kommt, nachdem ich ihn schon zweimal hin und her bewegt habe. Und deshalb steigt bei mir die Hoffnung, dass es diesmal reicht: bald fertig! Wobei: was heisst schon bald?

Wenn das nur gut kommt

Ich habe es nicht selbst erlebt, weil ich längere Zeit für Wichtigeres abwesend war (Stichwort Singapur). Aber meine Nachbarn erzählten mir bei meiner Rückkehr von schrecklich kalten und nassen Tagen, die sie mehrere Wochen lang aushalten mussten. Nach sommerlichen Tagen schon im März hat das Wetter auf Winter umgestellt, was am Nussbaum im Garten seine Spuren hinterlassen hat. Die durch die frühe Wärme provozierten frischen Austriebe sind glatt erfroren. Für lange Zeit hatte ich den Eindruck, der Baum sei abgestorben. Aber mit einigen warmen Tagen haben sich nun doch noch neue Blätter gezeigt. Und seither scheint sich der Baum langsam zu erholen.

Mit der Klimaerwärmung hat sich die Forstwirtschaft dazu entschlossen, vermehrt Wärme liebende Baumarten anzupflanzen. Da aber Klimaentwicklung kein monokausaler und stetiger Vorgang ist, werden die neugepflanzten Bäume in Zukunft immer wieder einer harten Probezeit ausgesetzt. So wie der wärmeliebende Nussbaum werden auch sie unterschiedliche, lange und garstige Perioden überleben müssen. Um den Nussbaum mache ich mir keine grossen Sorgen, denn ich schaffe es auch ohne Baumnüsse. Aber für den Wald kann sich ein zu stark forcierter Umbau der Artenwahl fatal auswirken. Es ist eine reine Spekulation auf die Zukunft. Man hat sich durch zu einseitige Betrachtungsweise auch mit der Fichte schon verspekuliert.

In meinem Wald werde ich keine neuen Baumarten pflanzen und lasse dort einfach den natürlichen Vorgängen den Vortritt. Aber die Überlegung, ob ich auf meinen Wiesen auch einige der empfohlenen Edelkastanien anpflanzen soll, muss ich noch ein paar mal überschlafen und schaue nochmal genauer die Standorte an, auf denen sie nicht weit weg von meinem Wald sehr gut gedeihen.

Eine andere Frage stellt sich natürlich: Was habe ich persönlich von den ersten Marroni, die in zehn Jahren reif sein werden? Auch so eine Spekulation…