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Urs im Wald

Wenn das nur gut kommt

Ich habe es nicht selbst erlebt, weil ich längere Zeit für Wichtigeres abwesend war (Stichwort Singapur). Aber meine Nachbarn erzählten mir bei meiner Rückkehr von schrecklich kalten und nassen Tagen, die sie mehrere Wochen lang aushalten mussten. Nach sommerlichen Tagen schon im März hat das Wetter auf Winter umgestellt, was am Nussbaum im Garten seine Spuren hinterlassen hat. Die durch die frühe Wärme provozierten frischen Austriebe sind glatt erfroren. Für lange Zeit hatte ich den Eindruck, der Baum sei abgestorben. Aber mit einigen warmen Tagen haben sich nun doch noch neue Blätter gezeigt. Und seither scheint sich der Baum langsam zu erholen. Mit der Klimaerwärmung hat sich die Forstwirtschaft dazu entschlossen, vermehrt Wärme liebende Baumarten anzupflanzen. Da aber Klimaentwicklung kein monokausaler und stetiger Vorgang ist, werden die neugepflanzten Bäume in Zukunft immer wieder einer harten Probezeit ausgesetzt. So wie der wärmeliebende Nussbaum werden auch sie unterschiedliche, lange und garstige Perioden überleben müssen. Um den Nussbaum mache ich mir keine grossen Sorgen, denn ich schaffe es auch ohne Baumnüsse. Aber für den Wald kann sich ein zu stark forcierter Umbau der Artenwahl fatal auswirken. Es ist eine reine Spekulation auf die Zukunft. Man hat sich durch zu einseitige Betrachtungsweise auch mit der Fichte schon verspekuliert. In meinem Wald werde ich keine neuen Baumarten pflanzen und lasse dort einfach den natürlichen Vorgängen den Vortritt. Aber die Überlegung, ob ich auf meinen Wiesen auch einige der empfohlenen Edelkastanien anpflanzen soll, muss ich noch ein paar mal überschlafen und schaue nochmal genauer die Standorte an, auf denen sie nicht weit weg von meinem Wald sehr gut gedeihen. Eine andere Frage stellt sich natürlich: Was habe ich persönlich von den ersten Marroni, die in zehn Jahren reif sein werden? Auch so eine Spekulation…

Man hat nie ausgelernt

Mit sechs Nähten musste mir ein *Interne en Médecine Générale* in der Notfallaufnahme die klaffende Wunde am linken Unterarm wieder schliessen, die ich mir bei der Arbeit im Wald zugezogen habe. Dabei feixte er ausgiebig über seine Nähkünste, die er bei meinem Vorgänger, gleich neben mir liegend, schon anwenden konnte. Ich brauchte im Gegensatz zu diesem keinen Sauerstoff, um den Anblick der Wunde zu ertragen. Aber auch ich habe gestaunt, wie viel Fettgewebe neben venösem Blut aus meiner Schnittwunde quoll. Gleichzeitig zur konzentriert ausgeführten Arbeit konnte er mit seiner Erfahrung meine These bestätigen, dass bei manuellen Arbeiten weniger Unfälle passieren, wenn sie allein, und nicht im Team ausgeführt werden. Gleich kürzlich hätte ein Handwerker einen heftigen Schlag auf seinen Kopf erlitten. Nicht absichtlich von einem Kollegen mit einem Hammer ausgeführt. Natürlich habe ich Glück gehabt, dass der Schnitt nicht tiefer reichte und meine Sehnen ganz blieben. Und wie immer konnte ich mich auf meine Nachbarn verlassen, die mir bei der Suche nach ärztlicher Hilfe beistanden. Und was habe ich dabei gelernt? Die Arbeit mit dem Gertel, einem grossen Messer mit vorne ausgebildetem Haken, ist eigentlich nicht problematisch. Man kann damit kleine Astschnitte ausführen und vor allem mit dem Haken bequem liegende Trämel anstechen und anheben. Ich habe ihn jetzt aber verwendet, um einen schweren zwei Meter langen liegenden Rundling zu ziehen. Das allein wäre nicht problematisch, aber dummerweise wollte ich ihn mit der anderen Hand anheben, damit er sich im Untergrund nicht eingräbt. Der zu wenig eingestochene Gertel hat sich vom Stamm gelöst und ist an meinen linken Unterarm geschnellt. Erste Lektion: der Gertel soll immer fern vom Körper geführt werden und sicher nicht in der Nähe des anderen Armes. Zweitens: Französisch nennt man einen Gertel *une serpette*.

Wood Waste

So wie ich beim Anbau von Kartoffeln ausgerechnet habe, fallen auch beim Verarbeiten des Naturproduktes Holz Abfälle an. Ich habe mir anhand der Ausbauetappe dieser Galerie einen Überblick verschaffen können, wie sich die Abfallkaskade entlang des Arbeitsvorgangs entwickelt. Dabei ist der Einfluss, durch bewusstes Vorgehen den Anteil von Abfall zu verringern, sehr beschränkt. Aus den Resten des ersten Zuschnittes, den es für die Galerie brauchte, konnte ich noch zwei kleine Gestelle zimmern. Der ganze Rest ist Abfall. Es hat mich interessiert, wie gross ChatGPT den Verlust von Material beim Bau eines Möbels einschätzt. Das ist die Antwort, die mir künstliche Intelligenz bereitstellt: „Der Anteil des Holzabfalls, der beim Verarbeiten von Holz zu Möbeln anfällt, variiert je nach verschiedenen Faktoren wie der Art des Holzes, dem Herstellungsprozess und der Effizienz der Produktionsanlagen. Es ist jedoch üblich, dass zwischen 20% und 60% des ursprünglichen Holzmaterials als Abfall zurückbleiben können. Bei modernen Holzverarbeitungsanlagen wird versucht, den Abfall so gering wie möglich zu halten, indem Techniken wie effizientes Sägen, Recycling von Holzabfällen und die Verwendung von Holzresten für andere Produkte oder Energiegewinnung angewendet werden. Dennoch bleibt in vielen Fällen ein beträchtlicher Anteil als Abfall zurück.“ Hätte ich anhand meines Beispiels in etwa auch so formuliert. Konkret in ungefähren Zahlen meines Projektes: Ich habe 2m3 rohgesägte Douglasie und 0,4m3 Parkett aus dem Sägewerk gekauft. Als Abfall bleiben geschätzt 250 Liter Sägespähne und dieser Rolli voll von Abschnitten übrig: Über das Gewicht umgerechnet entspricht das etwa 150 Liter Feststoff. Das entspricht einer Ausbeute von 92%, oder 8% Abfall. Ein Traumwert. Der Haken liegt aber wie beim Food Waste beim fehlenden Blick auf den gesamten Prozess. Ich habe Sägeware eingekauft. Wenn man den Verlust im Sägewerk mit sicher 50% Prozent vom aus dem Wald gelieferten Trämel einrechnet, sieht die Sache schon viel schlechter aus. Und nimmt man den Verlust der Holzernte dazu, wo sicher auch nochmals 50% der ursprünglichen Biomasse des Baumes im Wald zurückbleibt, dann verschlechtert sich meine Verlustzahl von 8 in Richtung 50%. Es ist wie beim Food Waste. Es nützt herzlich wenig, wenn man das Kraut des Radieslis mit halbem Genuss mitisst oder den Rand der Fertigpizza nicht liegen lässt. Wir essen in unserer Zivilisation so oder so nur von der Spitze einer grossen Pyramide. Was ja nicht heisst, dass man zwei Pizzen bestellen soll, wenn eine reicht… Der Holzabfall wird von mir im Ofen verheizt und die Sägespäne werden kompostiert. Auch ich kann ruhig schlafen.

Beinahe fertig

Das Resultat von etwa vier Wochen Arbeit steht bereit, um benutzt zu werden. In dieser Etage über dem Arbeitsbereich werde ich alle Materialien einlagern können, die ich nicht für den täglichen Einsatz benötige. Zusätzlich kann ich den zukünftigen Wohnbereich von allem Plunder frei räumen, den ich dort provisorisch deponiert habe. Damit kann dann die letzte grosse Etappe vorbereitet werden. Langsam sehe ich über den Berg. Aber es gibt noch einen langen Abstieg zu bewältigen. Noch fehlt die ganze Elektroinstallation. Mal schauen, wann der Installateur dafür Zeit findet.

Mal was Neues probieren

Dieses Jahr bin ich ein wenig spät dran, um Brennholz für den übernächsten Winter zu schlagen. Jetzt endlich kann ich ein paar trockene Tage nutzen, um schnell noch vor der Vegetationsperiode die benötigte Menge an Bäumen zu fällen. Das mache ich zum ersten Mal auf einer Fläche, die ausgelichtet werden muss, nachdem ich bis jetzt immer nur einzelne Bäume, die schon gefallen oder abgestorben sind, genutzt habe. Im dichten Bestand stellen sich neue Herausforderungen, dass die fallenden Bäume sich nicht aufhängen. Wenn es doch passiert, bin ich bisher meistens mit der im Handholzerkurs erlernte Methode durchgekommen, dass ich sie am Fuss mit Hilfe des Zappis wegziehen konnte. Soweit ist alles schon Routine. Neues versuche ich mit der Idee, das geschlagene Holz nicht nur zum Verheizen, sondern auch zum Verbauen zu nutzen. In den für den Innenausbau benötigten grossen Mengen kann ich mir das aber nicht vorstellen. Es ist mühsam, mit der Motorsäge einen rohen Balken zuzuschneiden. Ich bin hier ja auch noch am Üben. Aber die Probleme häufen sich. Wie bewege ich die ganzen Stämme an den Sägeplatz? Und wie bringe ich die langen Balken dann nach Hause? Wie viel Aufwand bringt es zusätzlich mit sich, das rohe Material dann aufzubereiten? Ich überlasse das doch besser dem etablierten Holzhandel. Auch ich will doch mal mit der Renovation der Häuser fertig werden… Allerdings hege ich den Plan, für das jetzt improvisierte Holzlager einen stehenden Unterstand zu bauen. Die dazu benötigten Stützen schaffe ich vielleicht noch. Und für die Abdeckung stelle ich mir dann ein Holzschindeldach vor. Somit ist schon wieder eines neues Projekt geboren.